Reinhard
Springer, Gründer, Gesellschafter und Aufsichtsrat von Deutschlands
Vorzeige-Agentur Springer & Jacoby, geht mit der Werbewirtschaft ins
Gericht. Markenverwalter, mangelnde Inspiration, verkrampfte Werbung und
Kampangnen-Hopping machen deutschen Marken das Leben schwer. Die Folge sind
schwächelnde Marken, die dem globalen Gegenwind nicht standhalten.
Und: Den Kreativagenturen droht die Markenführung zu entgleiten. |
Eigentlich
wollte er ja keine Interviews mehr geben. Der einst schillernde Star der
deutschen Werbeszene hat es sich abgewöhnt, mit Kunden zu brillieren.
Er hat es, als reicher Frührentner, eigentlich auch nicht mehr nötig.
Doch die Totengräber-Mentalität deutscher Markenmanager und
ihrer Werbeberater lässt Reinhard Springer keine Ruhe. Schließlich
haben ihn Marken schon immer angetörnt, und die Frage, was eine Marke
zum Star macht und was sie im Mittelmaß versinken lässt, treibt
ihn noch heute um. Also doch ein Interview!
Seit Januar dieses Jahres residiert der 53-Jährige im 10. Stock eines
modernen Bürohauses in der Hamburger Innenstadt. "reinhards.integrated
branding" heißt das neueste Projekt des agilen Werbers: Markenberatung
für den einen - es dürfen sicher auch zwei oder drei sein -
ultimativen Kunden, der über die deutschen Grenzen hinaus und mit
aller Konsequenz seine Marke voranbringen will. "Die meisten wollen
das zwar verbal, aber sie wollen die Konsequenzen nicht tragen",
relativiert Springer das Geschäft. Das macht natürlich weder
die Überzeugungsarbeit noch die Akquise leichter - zumal die CEOs
sowieso nicht die Kraft ihrer Marken erkennen (siehe Interview). Mit einem
leichten Schmunzeln um die Mundwinkel gibt Springer zu bedenken, dass
der Kampf für eine Marke sehr, sehr lang ist. Allein die Akquise
des Mercedes-Etats, den S&J mittlerweile seit zwölf Jahren betreut,
habe damals sieben Jahre gedauert.
Mit reinhards. hat der eloquente Berater bisher an die 30 "Brand
Sessions" mit potenziellen Kunden veranstaltet. Wobei sich die Markenverantwortlichen
nach Hamburg bemühen müssen. Ist das schon der erste Test beim
Sprung über den eigenen Schatten?
Der Blick über Hamburgs Skyline dürfte Reinhard Springer immer
an seine "Mission possible" - so das Firmenmotto - erinnern.
Nur die Kirchtürme würden inmitten all der schönen Bauten
wirklich wahrgenommen, philosophiert er mit ausholender Geste. So sollen
starke Marken sein: Kirchtürme, die sich aus der Masse erheben. So
ist auch Springer & Jacoby, 1979 von Reinhard Springer und Konstantin
Jacoby gegründet und heute in der Szene ein Synonym für hohe
Kreativität, gepaart mit eiserner Disziplin und Konsequenz.
Seit 1994 hat sich "Reini", wie ihn die Branche nennt, Schritt
für Schritt aus dem operativen Agenturgeschäft zurückgezogen,
um "Platz für junge Leute und neue Energien zu machen".
Er und sein Partner Konstantin Jacoby verkauften damals 50 Prozent der
Firma an ihre Mitarbeiter. Im Herbst vergangenen Jahres überließen
sie für viel Geld weitere Anteile der amerikanischen Holding True
North. Sie ist heute mit 35,5 Prozent an Springer & Jacoby beteiligt.
"Vielleicht wirke ich nicht so, aber im Grunde bin ich kein Geldtyp",
kokettiert der Mann im Ermenegildo-Zegna-Anzug. Sonst würde er schließlich
auch nicht reinhards. machen. Geld ist nach eigenem Bekunden für
ihn "eine mitlaufende Größe". "Wenn Sie Ihr
Geschäft gut machen, bekommen Sie immer Geld als Belohnung",
ist der Perfektionist überzeugt. In diesem Sinne sieht er auch die
zahlreichen Beteiligungen an Agenturen ehemaliger Mitarbeiter (Brand Factory,
For Sale, Elephant Seven): Dankbarkeit und Rückzahlung der Ausbildung.
Konsequenz
lautet auch die Kernforderung Springers an sich selbst: "Niemand
hat mir geglaubt, dass ich mich wirklich bei Springer & Jacoby zurückziehe.
Doch es ist mir immer ernst gewesen. Ich regiere nicht heimlich",
betont er. Natürlich steckt er als Aufsichtsrat noch die großen
Ziele mit ab - wie die gerade anstehende Internationalisierung der Agenturgruppe
-, doch sonst hat das S&J-Management freie Hand.
Fürs süße Leben scheint Springer nicht geboren, obwohl
er sein Lebensmotto mit "Go happy, go lucky" umschreibt. Ein
paar Monate hat er es sogar mal mit Nichtstun versucht. Die Erkenntnis:
Befriedigung verschafft ihm letztlich das Streben nach Vervollkommnung:
"Ich will in die Tiefe arbeiten und richtig schön kompromisslos
sein." Deshalb auch die Konzentration auf den einen Kunden. Wobei
Springer sich darauf freut, noch konsequenter und eigenwilliger als früher
zu sein. Unabhängigkeit macht eben frei.
Genauso klar wie das Ambiente in Springers Büro ist auch sein Streifzug
durchs Markenuniversum. Sein Credo: Greife nach den Sternen mit beiden
Füßen am Boden.
Karin Michaelis
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wuv:
Verdrängungswettbewerb, Werbeüberdruss, hybride Verbraucher -
Marken haben's heute schwer. Ihr Rat für den Überlebenskampf?
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Springer:
Von 100 Marken sollten 80 eingestampft werden, weil sie so schlecht geführt
sind. Die meisten Unternehmen verwalten ihre Marken nur. Das sind keine
Markengestalter, Markenbegeisterer und keine Markenpromoter. Mit dem Begriff
"Marke" ist zwar jeder schnell zur Hand, aber keiner weiß
eigentlich wirklich, was es bedeutet, eine Marke zu pflegen und im Wert
zu steigern. Ein prominentes Beispiel dafür scheint VW-Chef Ferdinand
Piëch. Wenn du die Spekulationen darüber liest, wie er den Konzern
umstrukturieren will, kannst du dich als Markenprofi nur fragen, ob entweder
die Journalisten etwas durcheinander bekommen haben oder Piëch wieder
einmal genial ist. Denn normalerweise kann die Chefverantwortung quer
über Baugruppen zu stellen den betroffenen Marken nur schaden. Oder
schauen Sie auf Diebels: so eine schöne Marke, gerade verkauft. Beck's:
verkauft. Anheuser Busch hingegen macht Weltkampagnen, Heineken ist eine
Riesenmarke. Und wir Deutschen: Wir verkaufen unsere Marken. Was ja wohl
heißt, wir können Marken nicht führen.
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wuv:
Woran liegt das? |
Springer:
Eine Markenpersönlichkeit zu verstehen und hoch zu halten, verlangt
irrsinnige Konsequenz. Wer hat die? Die CEOs sind fast immer Techniker,
Juristen oder Finanzexperten, woher sollen die Markenführung beherrschen?
Sie erkennen nicht die Kraft ihrer Marken. In der Autoindustrie denkt
der Chef beispielsweise: "Die Entwicklung einer neuen Modellreihe
kostet mich drei, vier Milliarden Mark. Was interessieren mich da die
500 Millionen für Advertising, wo ich sowieso nicht weiß, wie's
funktioniert." Die Gedanken kann man zwar nach-vollziehen, sie sind
aber falsch. Weil: Die 500 Millionen richtig eingesetzt, entfachen einen
solchen Zündfunken, der kann die ganze Welt für eine Marke begeistern.
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wuv: Der
deutschen Werbung sprechen Sie einen solchen Zündfunken ab?
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Springer:
Lassen Sie die Realität sprechen. Der Durchschnittswert, den Werbung
in Deutschland erreicht, sind 20 Prozent ungestützte Werbeerinnerung.
Jeder Controller würde sich bei so einem Return on Investment erschießen.
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wuv:
Was zeichnet denn eine starke Marke heute aus? |
Springer:
Wir haben im Kopf maximal Platz für drei oder vier Marken, manchmal
fünf. Das ist der Relevant Set. Die Entwicklung dieses Werts muss
ich angucken. Diese Kurve sagt alles. Um beim Auto zu bleiben: "Ist
meine Marke eigentlich immer noch oben dabei? Ist sie top of mind? Welches
Auto will der Verbraucher kaufen, welches würde er sich gerne kaufen?"
Dann kommt der zweite wichtige Punkt: Wieviel ist der Verbraucher bereit,
für meine Marke mehr zu zahlen als für ein vergleichbares Produkt?
Ein Spitzenbeispiel dafür ist Bacardi. Wenn Sie zu Toom gehen, da
kostet Bacardi 18,99 Mark. Das mehr oder weniger gleiche Produkt, Montajo,
steht direkt daneben und kostet 9,99 Mark. Das ist Markenstärke!
Als dritter Punkt kommt die Markentreue hinzu.
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wuv:
Aber das Bewusstsein für die Bedeutung von Marken wächst. |
Springer:
Aber zu langsam. Roland Berger hat mit Tipps von Springer & Jacoby
ein System entwickelt, wo dem Chef der Markenwert bewusster gemacht wird.
Das hilft. Auch das Marken-Ranking von Interbrand schiebt das Thema Marke
und Markenwert in den Vordergrund. Doch da fängt die Unschärfe
schon an. Die Interbrand-Kriterien sind relativ stark am Börsenkurs
aufgehängt. Und das lässt die Marke oft besser dastehen, als
es im Bewusstsein der Verbraucher der Fall ist. Nokia steht zum Beispiel
auf dem fünften Platz und ist sicher top of mind. Aber ist Nokia
auch top of heart? Markentreue kommt aus dem Bauch, nicht aus der Börse.
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wuv: Die
Verfechter integrierter Kommunikation sprechen der Klassik die automatische
Rolle als Königs-disziplin ab. Was halten Sie davon?
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Springer:
Du musst eine Big Idea haben. Dieser große Gedanke kann auch vom
Kommunikations-Koordinator kommen. Nur ist das nicht wirklich wahrscheinlich.
Ich verstehe die ganze Diskussion um "Direktmarketing ist im Kommen",
"Sponsoring ist im Kommen", usw. nicht. Das ist doch alles wie
Pfeifen im Wald. Es geht doch immer nur um eines: die Big Idea für
die Marke, für das Markenversprechen. Und diese große Idee
wird über alle Kommunikationskanäle durchdekliniert. Diese Diskussionen
sind doch so was von kleinkariert. Vielleicht werden auch deshalb die
deutschen Marken nichts, weil sie sich die Manager in ihrem Klein-Klein
und Bedenken-Wollknäuel verheddern, während Budweiser eine Kampagne
wie "Whassup?!" macht. Was stellen die Deutschen dagegen? Jetzt
drei Gramm mehr Käse in der Pizza.
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wuv:
Vernetzung über den kommunikativen Leitgedanken. Ist das nicht ein
bisschen kurz gegriffen? |
Springer:
Eben nicht! Die Big Idea ist doch ein Teil der Marke, greift sie auf,
powert sie. Das Schlagwort ist Integrität, Stimmigkeit. Wenn jedes
Kommunikations-Gewerk die Marke anders interpretiert, verschenken Sie
schlicht und einfach Kraft.
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wuv: Deutschland
ein Marken-Jammertal?
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Springer:
Wir Deutschen sind schlechte Verkäufer. Bei uns Ingenieuren hat das
Produkt zu überzeugen. Die Amerikaner z.B. haben traditionell schlechtere
Produkte. Der Mixer ist nicht so gut wie der deutsche Mixer. Die Autos
sind sowieso nicht so gut wie die deutschen Autos. Deshalb mussten die
Amerikaner immer gute Verkäufer sein. Die sind so gut, die verkaufen
Ihnen ein Auto unterm Schneehügel. Wo sind wir mit unserem Reinheitsgebot
gelandet? Heineken ist das egal, die setzen auf Markenstärke. Und
wer wird überleben? Heineken natürlich. Heineken refreshes parts
other beer cannot reach - eben auch die Geldbörse. Krombacher hingegen
verkauft dir Wasser. Du ersäufst doch in diesem See! Was ist die
Konsequenz? Schwache Marken werden einfach verschwinden. Oder sie werden
verkauft an Leute, die's können.
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wuv:
Wie Diebels? |
Springer:
Die haben viermal in zehn Jahren die Kampagne gewechselt. 1990 hat Springer
& Jacoby eine schöne Kampagne gemacht, die sehr im Heimatmarkt
geerdet war. Dann kam BBDO mit dem sehr populistischen Auftritt "Welch
ein Tag". Dann kam die "Der Moment gehört Dir"-Kampagne.
Und jetzt macht Jung von Matt "Glück, glück, glück"
- was ich nicht mehr verstehe. Wo soll denn da das klare Bild im Kopf
des Verbrauchers herkommen?
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wuv:
Was ist das Rezept für den Gratwandel zwischen Beständigkeit und
Innovation? |
Springer:
Liebe. Wer eine Marke liebt, versteht ihren Kern und hält ihn heilig.
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wuv:
Ist konsequente Markenführung in Zeiten steter Personalwechsel überhaupt
möglich? |
Springer: Schwer! Denn mit jedem neuen Manager kommen neue Gedanken.
Also wird auf der Marke herumgeritten wie auf einem wilden Gaul. Wie verhinderst
du das? Eventuell durch Konstanz auf Agenturseite. So wie bei Leo Burnett
und Marlboro, eine der gepflegtesten globalen Marken.
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wuv:
Auguren hören bereits das letzte Stündlein der Klassik schlagen
und sagen dem Kundenbindungs-Marketing die große Zukunft voraus. |
Springer: Die entscheidende Frage ist doch: Wie halte ich eine
Marke aktuell und attraktiv. Werbung ist kein Geheimnis, denn ob Werbung
gut ist, spüren wir alle. Nur, gute Werbung herzustellen, das ist
das Problem. Der Kunde ist dabei nicht gerade hilfreich. An den meisten
Kunden zieht eine große Idee vorbei wie ein Supermädel, das
anzusprechen man sich nicht traut. Also muss der Werber, der die große
Idee hat, auch ein großer Verkäufer sein. Denn kaum geboren,
gibt es fünf Hierarchie-Stufen und unzählige Umstände,
die dieses neu geborene Baby killen wollen. Wer kann da gegenhalten? Das
konnte Konstantin Jacoby, ein brillanter Kreativer und brillanter Verkäufer.
Das kann Jean-Remy von Matt. Und wer kann das sonst? Also ich meine mit
Substanz? Und da erwarten wir, dass wir gute Commercials sehen!
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wuv:
Wird denn in Zeiten sich angleichender Produkte, vor allem im Premium-Bereich,
die individuelle Kundenbetreuung nicht immer wichtiger? |
Springer: Kundenbetreuung finde ich spitzenmäßig wichtig.
Ich will auch Briefe bekommen und eingeladen werden. Nur, zu Anfang muss
die Marke doch ihre Persönlichkeit ausspielen. Eine Marke muss Auftritt
haben, muss Öffentlichkeit haben. Zu einer Marke gehört immer
dazu, dass mir als Liebhaber dieser Marke der Rücken gestärkt
wird. Sehen Sie mal den Audi-Spot mit dem Wackel-Elvis an. Die Marke Audi
ist herrlich aufgeladen worden, hat so viel Freude und gute Laune kassiert,
das ist unbezahlbar. Und jetzt wollen Sie den öffentlichen Auftritt
nur mit einem Kundenzentrum herstellen? Meinen Sie wirklich, dass 80 Millionen
Deutsche jede Woche dahin pilgern? Eine Marke, die keinen großen
öffentlichen Auftritt hat, ist keine Marke.
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wuv:
Was können wir von Marken lernen, die aus dem Nichts entstanden sind,
wie Red Bull? |
Springer: Hut ab vor der Markenarbeit von Dietrich Mateschitz,
dem Chef von Red Bull. Der hat nicht mal eine eigene Produktion oder Distribution.
Mateschitz lebt seine Marke, und die Belohnung sind fast zwei Milliarden
Mark Umsatz in zehn Jahren. Die Stärke kommt aus der Marke und nicht
aus dem Produkt. Herr Mateschitz kümmert sich zu allererst ums Marketing
und in zweiter Linie um die Finanzen. Bei den meisten Unternehmen ist
das genau umgekehrt.
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wuv:
Im Moment kappen dennoch viele Unternehmen ihre Marketing-Budgets. |
Springer: Die sind natürlich das Opfer ihrer vorherigen Fehler.
Starke Marken machen das Gegenteil. Wann hast du so eine gute Gelegenheit,
wenn nicht in der Rezession, die Konkurrenz wegzupusten, die gerade ihre
Budgets zusammenstreicht. Eine Marke richtig zu führen, so lange
sie nach oben surft, ist einfach. Aber eine Marke bei Gegenwind zu führen,
ohne die Markenpersönlichkeit zu verbiegen, das ist die Kunst. Eine
Marke darf doch nicht wie ein Politiker sein, der sein Programm über
Bord wirft, sobald er in der Wählergunst sinkt.
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wuv:
Auch der mörderische Preiskampf im Handel wird für Markenvernichtung
verantwortlich gemacht. |
Springer: Es ist müßig, darüber zu theoretisieren.
Ich sage Ihnen, was die Praxis sein wird: Starke Marken werden überleben,
die anderen werden verschwinden. Eine Marke ist eine Persönlichkeit,
ein Schauspieler, im Falle von Coca-Cola ein Star. Jetzt nehme ich einfach
die Durchschnitts-Schauspieler von der Bühne, und das ist auch gut
so. Und wenn ich eine Weltmarke habe, muss das weltweit gültig sein.
Dann kann und muss ich natürlich lokale Promotions machen, aber mein
großer Gedanke muss weltweit tragend sein. Nur die Marken mit einer
tragenden Idee werden überleben.
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wuv:
Was ist mit den Stimmen, die sagen, Kampagnen, die in den USA erfolgreich
sind, funktionieren bei uns nicht? |
Springer: Das sind alles Ausreden, weil es nicht gelungen ist,
eine große Idee zu finden. A big idea travels around the world.
Lernen Sie von den Anthropologen, schauen Sie, wie Menschen sich verhalten.
Mütter lieben ihre Kinder weltweit. Es gibt für viele Verhaltensweisen
einen weltweiten Nenner. Beispiel: der Film für Droste-Schokolade
aus Holland mit einer jungen Mutter, die ihr Baby stillen will, das aber
die ganze Zeit schreit. Sie isst ein Stück Droste-Schokolade, und
das Baby nuckelt ruhig vor sich hin. Dieser Spot arbeitet rund um den
Globus. Weil Babys überall an den Brüsten der Frauen nuckeln.
Nur, wenn ich die große Idee nicht habe, kommen natürlich all
die kleinen Marketing-Manager, die erzählen: "In meinem Markt
ist alles anders." Ja klar ist in meinem Markt alles anders. Aber
da komme ich zurück auf Madonna. Glauben Sie, die schert sich auch
nur im geringsten um unseren oder irgendeinen anderen Markt? Madonna sagt:
Ich bin Madonna. Ich bin so, wie ich bin. Und sie singt nicht extra bayerisch
für die Bayern. Das ist die richtige Haltung für große
Marken. Alles andere ist Opportunismus.
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wuv:
Sind die Agenturen eigentlich noch die richtigen Partner für die Markenführung?
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Springer: Wenn sie nicht aufpassen, sind sie es vielleicht die
längste Zeit gewesen. Denn viele Agenturen können ihre Kunden
nicht zufriedenstellen. Wie sieht der Beratermarkt heute aus: Da haben
wir Unternehmensberater, da sind PR-Agenturen, Sales-Promotion-Agenturen,
Sponsor-Profis, die klassischen Werbeagenturen, Web-Agenturen usw. Und
alle diese Gewerke haben super ausgebildete Leute, die schlau bis zum
Geht-nicht-Mehr sind und dem Kunden erzählen, was er an seiner Marke
falsch macht und besser machen könnte. Der steht mit schlotternden
Knien an der Wand, weil sein Vorstand ihn zweimal angerufen hat, dass
die Marktanteile bröckeln. In so einer Situation hören Sie auf
jeden. Und bei den vielen Stimmen werden Sie ein Opfer der totalen Verwirrung.
In seiner Not wendet sich der Kunde deshalb an Firmen wie Enterprise oder
Interbrand. Diese funktionieren wie Regie-Firmen - wenn sie's gut machen.
Nach dem Motto: "Ich bin zusammen mit dem Kunden der Architekt der
Marke, und wir nutzen all die Gewerke, die notwendig sind, auf der Basis
meines Architektenplans." Jetzt hoffe ich natürlich im Sinne
der Agenturen, dass sie sich wehren und die Kompetenz der Markenführung
nicht aus der Hand geben.
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wuv:
Was unterscheidet denn Ihren Beratungsansatz von denen anderer Regie-Firmen?
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Springer: Wir sind die einzige Integrated-Branding-Firma auf der
Welt, die die Kombination Erfahrung plus Kreation anbietet. Deshalb habe
ich reinhards. auch nicht mit einem Berater, sondern mit der Super-Kreativen
Nuria Pizan angefangen. Kreation ist der Hauptengpass bei der Markenführung.
Wie willst du ohne Kreativen zur Big Idea kommen?
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wuv:
Auf Ihrem Firmenschild steht "Mission possible". Was ist Ihre
Mission? |
Springer:
Wir konzentrieren uns darauf, den ultimativen Kunden zu finden, der über
Deutschland hinaus wirken will. Der alles will, was zur Kräftigung
seiner Marke und zur Steigerung des Markenwerts wirklich dazugehört.
Die meisten wollen das zwar verbal, aber sie wollen die Konsequenzen nicht
tragen. Das große Management habe ich bei Springer & Jacoby
schon gemacht. Jetzt interessiert mich die Vervollkommnung, ich will in
die Tiefe arbeiten und richtig schön kompromisslos sein.
Interview:
Karin Michaelis, Kerstin Richter
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Disclaimer |
Quelle: werben & verkaufen
Nr. 34 vom 24.08.2001 Seite 025
Eine Erlaubnis
zur Veröffentlichung durch Reinhard Springer liegt vor. Ich danke
ihm und seinen freundlichen Mitarbeiterinnen von reinhardS.
und Springer & Jacoby
für die schnelle Unterstützung!
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