(Achtung: diese Arbeit ist auch als PDF-Datei mit Endnoten und Quellenangaben verfügbar)
"Virtuelle Communities und Markenmanagement"
Hausarbeit im Seminar "Theorie der Marken"
Caspar Clemens Mierau
Bauhaus-Universität Weimar
Studiengang Medienkultur / 1. Semester
Inhaltsverzeichnis | |
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Einleitung | |
Der zunehmend sich verschärfende Preiskampf auf den klassischen und neuen Märkten, die Globalisierung und das Internet als neues Informationsmedium stellen für die Marke eine Herausforderung dar. Der Markt ist mit Marken ähnlicher Qualität überschwemmt. Bereits 1997 bewertete Stiftung Warentest 85% aller Artikel als "gut" oder "sehr gut" . Qualität kann also nicht mehr der entscheidende Verkaufsfaktor eines Produktes sein. In diesen Zeiten des "Produkt-Dschungels" ist folglich die Marke wichtiger denn je. Sie hat die Möglichkeit, den Kunden durch Markentreue an ein Produkt zu binden. Für den Anbieter bedeutet dies höhere Umsätze, für den Kunden Zeitersparnis bei der Produktauswahl. Die neuen Kommunikationsmöglichkeiten des Internets machen auch vor der Markenwelt und den Weltmärkten nicht halt. Die folgende Arbeit wird sich damit auseinandersetzen, welche Auswirkung Virtuelle Communities in Zukunft auf erfolgreiches Markenmanagement haben werden und wie sich die Wahrnehmung von Marken vor diesem Hintergrund verändert.
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Definition "Marke" | |
Der Begriff "Marke" kann sehr unterschiedlich erklärt werden. In dieser Arbeit wird unter einer Marke ein über den juristischen Anspruch hinaus "in der Psyche des Konsumenten verankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild von einem Produkt oder einer Dienstleistung" verstanden. Die Marke bezeichnet hier also nicht nur einen Gegenstand oder eine erbrachte Dienstleistung, sondern auch das beim Kunden assoziierte Markenbild.
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Definition "Virtuelle Community" | |
Unter einer Virtuellen Community versteht man eine Gruppe von Personen mit gemeinsamen Interessen und Bedürfnissen die per Onlinedienst (in der Regel dem Internet) interagieren und kommunizieren. Dieses Netzwerk kann sowohl aus losen Kontakten als auch festen sozialen Strukturen bestehen. Zur technischen Realisierung der Kommunikation werden Hilfsmittel wie Diskussionsforen, Chaträume, Newsletter, Mailinglisten und Email benutzt.
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Informationsasymmetrie | |
Vor der Abwicklung einer Transaktion, das heißt des Erwerbs eines Produkts oder einer Dienstleistung, herrscht beim Konsumenten in der Regel ein Informationsdefizit, das zu Unsicherheit führt. Der Käufer kann sich bei homogenen Gütern nicht sicher sein, dass er wirklich das Günstigste erwirbt, da er nicht die nötige Zeit aufwenden kann, alle in Frage kommenden Geschäfte zu ermitteln, aufzusuchen und zu vergleichen. Über die Qualität eines Produktes lassen sich in der Regel erst nach dessen Gebrauch bzw. nach Inanspruchnahme der Dienstleistung sichere Aussagen machen, die aber auch dann noch nicht sicherstellen können, dass man die beste Wahl getroffen hat. Für den Anbieter wiederum ermöglichen Informationsdefizite seitens der Käufer einen Spielraum für opportunistische Verhaltensweisen wie der bewussten Verheimlichung von Mängeln. Bisher war der Kunde durch das Informationsdefizit also in der schwächeren Position. Da er nicht in der Lage ist, sich einen allumfassenden Überblick über den Markt zu verschaffen, muss er aufgrund unzureichender Informationen seine Entscheidungen treffen. Eine wichtige vertrauensbildende Maßnahme stellt hier die Marke dar. Auf die Marke ist Verlass. Optisch klar von anderen Marken unterscheidbar kann sie im Kunden Markentreue wecken, durch die er Zeit bei der Wahl des für ihn passenden Produktes spart.
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Die Bedeutung von Markenmanagement | |
Nach Ansicht des Markenexperten und Werbers Reinhard Springer haben Konsumenten "im Kopf maximal Platz für drei oder vier Marken, manchmal fünf" . Empirische Erhebungen beweisen, dass die Informationsüberlastung durch Massenmedien und Werbung (Information Overload) teilweise bist zu 99 Prozent beträgt. "Das heißt, dass nur 1 Prozent aller dem Konsumenten im Verlaufe beispielsweise eines Tages durch verschiedene Medien dargebotenen Informationen tatsächlich aufgenommen werden" . Markenhersteller sehen sich somit einer Ökonomie der Markenaufmerksamkeit gegenüber. Eine wichtige Eigenschaft erfolgreicher Marken ist Kontinuität. Beständigkeit in Vertrauen kann nur durch eine klare Markenstrategie erreicht werden. Die Marke muss sich deutlich von anderen unterscheiden und darf den Käufer nicht enttäuschen. Als ein entscheidender Erfolgsfaktor stellt sich hier Markenmanagement dar. Es sollte nichts dem Zufall überlassen werden. Eine Marke entsteht nicht einfach durch die Wahl eines Produktnamens und einer Verpackung. Sie muss in alle Dimensionen definiert werden und eigene Assoziationen beim Kunden hervorrufen. Zu den Instrumentarien des Markenmanagements zählen Werbekampagnen, Marktuntersuchungen, Kundenbefragungen, Entscheidungen über Markenerweiterungen oder -verkleinerungen, Differenzierung von anderen Marken und nicht zuletzt ein kritischer Blick auf die Gesamtentwicklung der Märkte. Markenmanagement darf nicht in einer Markenverwaltung enden. Gefragt sind vielmehr "Markengestalter, Markenbegeisterer und ... Markenpromoter" .
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Rationalität und Marken | |
Die Marke sieht sich heute einer neuen Herausforderung gegenüber: Durch digitale Märkte im Internet ergeben sich neue Vorraussetzungen für das Entstehen eines Kaufvertrages. Der Käufer kann im Internet auf eine nahezu unbegrenzte Menge an Informationen zurückgreifen: Produktbesprechungen, -beschreibungen, Preisvergleiche, Umfragen und Diskussionsforen. Er hat die Möglichkeit durch intensive Suche die Informationsasymmetrie auszugleichen. Es stellt sich jedoch das Problem des eindeutigen Informationsüberschusses: Hatte der Kunde bisher nur schlechte Möglichkeiten an Informationen über Produkte zu gelangen, wird er im Internet davon nahezu "erschlagen". Der Zeitaufwand für die Suche muss also nicht zwangsläufig sinken. Ziel der Suche in digitalen Märkten ist eher die Informationsfilterung und Evaluierung von vertrauenswerten Daten.
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Die rationale Einkaufsmeile | |
Wie könnte eine für den Kunden optimale Einkaufsmeile aussehen? Es befinden sich nebeneinander leicht erreichbare Geschäfte, die alle die gesamte Produktpalette sämtlicher Hersteller führen. Der Kunde hat somit die Möglichkeit, sich einen Überblick über alle Artikel zu verschaffen. Zu jedem einzelnen Artikel gibt es ein Heft mit detaillierten Angaben über das Produkt und persönlichen Kommentaren von bisherigen Käufern. Diese Kommentare können durch den Hersteller des Produktes nicht beeinflusst, geändert oder gar gelöscht werden. Der Kunde selbst hat die Möglichkeit seine eigene Meinung mit einzutragen, um sie somit auch anderen zugänglich zu machen. Am Eingang der Einkaufsmeile liegt ein Katalog mit den Preislisten aller Geschäfte aus. Nach der Entscheidung für ein bestimmtes Produkt lässt sich hier das preiswerteste Angebot heraussuchen. Für den Kunden können so Nachteile durch opportunistische Verhaltensweisen seitens der Hersteller stark verringert werden. Die Entstehung einer solch fairen Einkaufsmeile würde nicht zuletzt am Widerstand der Hersteller und Geschäftsinhaber scheitern. Die Kunden selbst verfügen über nicht genügend Zeit (und Muße), sich unter solchen Bedingungen zu informieren.
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Elektronisches Vertrauen | |
Sowohl Informationsmangel als auch Informationsüberfluss erschweren eine rationale Entscheidung. In beiden Situationen ist ein Konsument auf Vertrauen angewiesen, das sich besonders in Markentreue wiederfindet. Könnte der Kunde einer Auskunftsstelle vertrauen, die objektive Hinweise gibt, wäre für ihn eine Lösung von der auf Vertrauen basierenden Markentreue möglich. Das Internet bietet neben dem Information Overload auch die Möglichkeit, vertrauensbildende Institutionen zu errichten. Eine dieser Institutionen ist eine Virtuelle Community.
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Vertrauenswerte Community | |
In einer Virtuellen Community kommunizieren und interagieren Personen in Echtzeit über Chats oder zeitversetzt über Diskussionsforen. Virtuelle Gemeinschaften, die über einen längeren Zeitraum bestehen, haben in der Regel einen thematischen Schwerpunkt wie zum Beispiel Computer, Sport, Sex oder Musik. Die Mitglieder dieser "Community of Interest" können über das Thema diskutieren und ihre Erfahrungen austauschen. Mit der Zeit wächst der durch die Mitglieder selbst produzierte Content zu einer Art Wissensdatenbank. Moderne Diskussionsforen lassen sich zum Beispiel nach Stichworten im Volltext durchsuchen und sind oft in kleinere, übersichtlichere Unterthemen untergliedert. Eine Community ist somit in der Lage, durch beständige soziale Beziehungen und einen wachsenden Umfang an Informationen beim Benutzer Vertrauen zu wecken. Darüber hinaus bilden sich in Communities unterschiedlich vertrauenswerte Benutzergruppen. In ihrem Buch "Community Building on the Web" beschreibt Autorin Amy Jo Kim unter anderem die technischen und inhaltlichen Voraussetzungen einer "mehrklassigen" Community, in der besonders engagierte User die Möglichkeit haben, einen großen Einfluss auf deren Gestaltung zu nehmen. Diese "Poweruser" können in der Community eine Art "Guru"-Status erlangen und selbst als eine Marke für qualitative Informationen stehen.
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Lifestyle und Dingwelt | |
Prinzipiell muss bei der Benutzung von Communities zwischen Lifestyle-Communities, die sich eher an geschmacksorientierten Themen wie Musik, Kleidung und Lebensstilen orientieren, sowie Netzgemeinden, in denen es eher um sachliche Inhalte wie zum Beispiel technische Geräte und Finanzgeschäfte geht, unterschieden werden. Bei Produkten bei denen beim Einkauf letzten Endes der persönliche Geschmack entscheidet, kann ein sachlicher Informationsaustausch über das Internet natürlich auch nur bedingt weiterhelfen. So lassen sich bei beispielweise bei Jeans die Qualität des Stoffes, der Verarbeitung und das Preis-Leistungs-Verhältnis miteinander vergleichen, letzten Endes wird ein Käufer hier aber eher nach individuellen Beweggründen, zu denen auch die Vorliebe für eine bestimmte Marke zählen kann, entscheiden. Bei sachlicheren Themen kann eine gute Informationsquelle sicher Einfluss auf Käuferentscheidungen nehmen. Bei bestimmen Finanzdienstleistungen wie zum Beispiel KFZ-Versicherungen lassen sich Kaufentscheidungen sogar rein nach Preisen treffen. Preisvergleichsysteme wie www.vergleiche.de bieten die Möglichkeit, nach Eingabe von persönlichen Daten, die preiswerteste Versicherung zu den gewünschten Konditionen herauszusuchen.
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Verschiebung der Informationsasymmetrie | |
Ein Preisvergleichssystem ist ein erster Schritt zum Ausgleich der Informationsasymmetrie zwischen Anbieter und Käufer. Der Kunde kann durch Datenbanksysteme die Preise mehrerer Anbieter miteinander sachlich vergleichen. Eine völlige (Preis-)Rationalität kann natürlich auch hier nicht sichergestellt werden, da eine Preisdatenbank veraltet, unvollständig oder falsch sein kann. Neben sachlichen Informationen von Anbietern im Internet sind also wieder vertrauliche Informationen gefragt. Solch vertrauliche Informationen können in elektronischen Medien schnell durch Mund-zu-Mund-Propaganda verbreitet werden. Diskussionsforen sind quasi prädestiniert dafür, mit anderen Usern über preiswerte Angebote, Vor- und Nachteile von bestimmten Produkten oder der Notwendigkeit einer Anschaffungen zu plaudern. Die Vertrautheit ergibt sich hier durch die Beständigkeit der Community. Für die Mitglieder ist sie nicht nur eine einfache Webseite sondern Teil ihres (virtuellen) Lebensraumes den sie selbst mitgestalten.
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Machtbündelung | |
Ein weiterer Vorteil für die Nutzer einer Community stellt die Bündelung von Macht gegenüber einem Anbieter dar. Mitglieder einer Netzgemeinde verfügen über ein größeres, gemeinsames monetäres Machtpotenzial. Während ein enttäuschter Kunde einen Anbieter wahrscheinlich nur minimal trifft, kann eine Community, deren Kaufpräferenz sich innerlich angleicht, gegenüber einem Anbieter zu einem ernstzunehmenden Partner werden. Hierbei kann die Machtbündelung unkoordiniert durch Mund-zu-Mund-Propaganda oder koordiniert durch gemeinsame Verhandlungen mit einem Anbieter entstehen. Ein Beispiel für das koordinierte Verhandeln ist das Shoppingportal www.letsbuyit.com, bei dem sich Käufer zusammenschließen, um einen günstigeren Preis für ein Produkt auszuhandeln.
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Marktforschung | |
Auch für den Anbieter einer Community ergeben sich bei gezielter Nutzung klare Vorteile. So lässt sich der stetige Informationsfluss (elektronisch) Auswerten und zu Marktforschungszwecken nutzen. In einer Community können Umfragen gestartet, Nutzerprofile untersucht oder Inhalte von Diskussionsforen analysiert werden. Dieses Kreativpotential einer Community kann vom Betreiber zu eigenen Zwecken verwertet oder als kostenpflichtige Publikation anderen Interessenten zur Verfügung gestellt werden. Viele Communities und Portale bieten in der letzten Zeit ihre professionell aufgearbeiteten Auswertungen an.
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Relationship Management | |
In einer Community können zwischen Anbieter und User Kontakte gepflegt werden. Fernab von anonymen Callcentern und Beschwerdebriefen kann eine sehr direkte Kommunikation vermittelt werden, die im besten Falle beim Kunden zu Marken- bzw. Community-Treue führt.
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Einnahmen | |
Umsätze lassen sich in einer Community hauptsächlich durch die folgenden drei Einnahmequellen erzielen: 1) Werbung Eine technisch ausgereifte Community bietet die Möglichkeit, Kunden individuell nach ihren Profilen per Bannerwerbung, Email oder ähnlichen Formaten anzusprechen. Der Emailanbieter GMX gibt beispielsweise als Geschäftsfelder "One-to-One-Marketing-Plattformen: geschlossene Benutzergruppen, maßgeschneiderte Bannereinblendungen, innovative Werbeformen" an. 2) Provisionen aus Geschäftsabschlüssen Ohne einen eigenen Shop betreiben zu müssen, kann der Betreiber einer Community Einnahmen durch die Vermittlung von Transaktionen erzielen. Es bietet sich zum Beispiel an, in einer Finanzdienstleistungs-Community entsprechende Angebote zu vermitteln und dadurch klassische Provisionsgebühren wie die eines Versicherungsvermittlers einzunehmen. 3) Verkauf von Dienstleistungen und Content Die Mitgliedschaft in einer Community muss nicht zwangsläufig kostenlos sein. Erreichen Mitgliedschaft und Inhalt einen ausreichenden Grad an Attraktivität, werden Mitglieder auch bereit sein, für diese Dienste Gebühren zu bezahlen. Die Durchsetzung solcher kommerziellen Angebote indes wird in den nächsten Jahren noch mit der weit verbreiteten Konstenlos-Kultur des Internets zu kämpfen haben. So lange es ein kostenloses Angebot mit ähnlichen Leistungen gibt, werden die Nutzer wahrscheinlich auf dieses zurückgreifen. Essentielle Voraussetzung für Einnahmen dieser Art ist folglich eine "konkurrenzlose" Qualität des Angebotes. In einer Delphi-Studie der Deutschen Gesellschaft für Online Forschung, werden bereits erste Prognosen über die prozentuale Verteilung der Umsätze gemacht: "Die Betreiber Virtueller Communities werden Erträge zukünftig primär aus Werbung (ca. 40%), aus Provisionen aus Geschäftsabschlüssen (ca. 20%) und zu ca.16% aus dem Verkauf von Dienstleistungen und Content erzielen, wobei hierüber erhebliche Meinungsschwankungen vorliegen."
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Case Studies | |
Im folgenden werden unter Beachtung der vorangestellten Betrachtungen exemplarisch die Communities www.netwerkrouter.de und GiMiX bzw. GMX untersucht.
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Case Study: netzwerkrouter.de | |
Unter einem "Router" versteht man "einen sog. Brückenrechner, der den Datenverkehr zwischen zwar kompatiblen aber nicht gleichartigen Netzwerken gewährleistet. Er sorgt für die gegenseitige Integration, die Optimierung von Datenwegen und für die Komprimierung von Daten vor der Übertragung". Sie werden zum Beispiel benötigt, um ein kleines Netzwerk daheim oder im Büro über eine einzelne Leitung mit dem Internet zu verbinden. Besonders gefragt sind Router auch im privaten Bereich seit der massiven Verbreitung preiswerter DSL-Zugänger der Deutschen Telekom. Die Webseite www.netzwerkrouter.de widmet sich ausschließlich diesen Geräten. Geboten werden Informationen über Anschluss der Router, Einrichtung, Wartung und sicherheitsrelevante Tipps. Eine wichtige Stellung nimmt das Diskussionsforum ein. Selbst der Betreiber der Webseite verweist darauf als weiterführende Quelle in seinen Produkttests (z.B. "Viele Punkte die einzelne/spezielle Funktionen der Firmware betreffen kann man aber auch bei mir im Diskussionsforum unter der Rubrik Zyxel finden.") . Das Forum ist klar strukturiert in einzelne Unterthemen, die sich den Geräten bestimmter Hersteller (Zyxel, Telekom, Netgear...) oder übergeordneten Themen wie der Netzwerk-Sicherheit widmen und bietet die Möglichkeit, private Nachrichten zu verschicken. Derzeit beinhaltet netzwerkrouter.de über 21000 Diskussionsbeiträge in 32 Themenbereichen von mehr als 4000 angemeldeten Benutzern. Wer vor dem Kauf eines Routers steht, kann sich im Forum sehr zeitnah Tipps von anderen, erfahrenen Benutzern holen, die sich schon länger mit derartigen Geräten auseinandersetzen. So lässt sich zum Beispiel in Erfahrung bringen, dass die Deutsche Telekom baugleiche Geräte der Firma Zyxel verkauft. Diese Information kann für einen potentiellen Käufer eine entscheidende Rolle spielen: Während die Telekom Ihren "Teledat DSL Router Komfort" derzeit für circa EUR 230,- verkauft, kostet das baugleiche Modell vom eigentlichen Hersteller Zyxel nur EUR 190,- Der informierte Kunde wird nun wahrscheinlich eher zum baugleichen Gerät des eigentlichen Herstellers greifen. Ist er sich noch unsicher, kann er im Forum blättern und Erfahrungsberichte nachlesen oder selbsttätig die anderen Benutzer des Forums nach ihren Hinweisen fragen. Ein wichtiges Bewertungskriterium für die Aussagekraft eines Diskussionsbeiträges stellt das Ranking-System dar. Ranking-Systeme werden in Communities eingesetzt um die Unterschiede zwischen Viel- und Wenigbenutzern deutlich machen zu können. Im Fall von netzwerkrouter.de erhalten die User abhängig von ihren Aktivitäten in der Community automatisch Sterne zugewiesen. Ein Benutzer, der oft im Forum schreibt, wird somit optisch hervorgehoben. Wird eine Antwort von einem "Router-Spezi" verfasst, wird diesem sicher mehr Beachtung geschenkt als jemandem, der bisher nur "schon öfter da" war. Das Forum
betreibt somit eine eigene Art von internem Qualitätsmanagement.
Dies wird dadurch unterstützt, dass Moderatoren in Diskussionen eingreifen
können, hitzige Gespräche schlichten oder bei bereits beantworteten
Fragen auf frühere Diskussionsbeiträge verweisen. Es erstaunt, dass die Community bisher noch nicht aktiv vermarktet wird. Es gibt zwar vereinzelt Bannereinblendungen für den Online-Shop rssysteme.com, eine direkte Anbindung an einen Shop oder ein Preisvergleichsystem wie www.evita.de wurde bisher jedoch nicht eingerichtet. Die Webseite scheint dabei nahezu prädestiniert für solche Zwecke: Die Zielgruppe "(angehende) Netzwerkrouterbesitzer" kann gezielt angesprochen werden, Erfahrungen in der Community, die zu Kaufentscheidungen führen, können direkt verwertet werden.
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Case Study: GMX | |
Seit seinem Start 1997 hat der Emaildienst GMX nach eigenen Angaben 11 Millionen Nutzer für sich gewinnen können. Dieser immensen Menge an Kunden wird mittlerweile mehr geboten als das reine Versenden und Empfangen von Emails.
Im eigens eingerichteten Community-Bereich mit dem Namen GiMiX "treffen sich GMXler rund um die Uhr zum Chatten, Diskutieren, Leute Kennenlernen und und und..." . Unter Verwendung der professionellen Community-Software Cassiopeia werden Diskussionsforen, Chats, Gästebücher und persönliche Visitenkarten angeboten. Die thematische Ausrichtung geht hier ganz in Richtung Unterhaltung, Kontaktsuche und Kommunikation.
Im Gegensatz zu netzwerkrouter.de beschäftigt sich die GMX-Community also nicht mit sachlichen Informationen und Produktinformationen. Dennoch lässt sich die Oberfläche gezielt für Marketingzwecke nutzen. In GMX wurde ein fließender Übergang zum Shopping-Portal "evita" der Deutschen Post AG integriert. Von der GMX-Redaktion ausgewählte Artikel werden als redaktionelle Inhalte besprochen, beim Kauf landet der Benutzer jedoch auf der Webseite des jeweiligen Anbieters. Es ist anzunehmen, dass GMX und evita hier mit Provisionsgebühren für die erfolgreiche Vermittlung von Transaktionen vergütet werden.
Im thematisch untergliederten redaktionellen Bereich von GMX (Finanzen bis Erotik) verschwimmt die Grenze zwischen Werbung und redaktionellen Nachrichten. So verbirgt sich hinter dem mit "Teuer einkaufen kann jeder. Aber ein edles Teil zum halben Preis zu erstehen macht glücklich." angekündigten Artikel letztlich eine Suchmaschine der Webseite amica.de nach Filialen für preiswerte Markenkleidung. Ebenfalls nutzt GMX seine Community zur Anwerbung neuer Mitarbeiter: "Falls Sie gerade Ausschau nach einer neuen Arbeit halten, können Sie sich die Stellenangebote von GMX ansehen... Sie finden hier die Topangebote für künftige Mitarbeiter bei GMX - wir suchen die absoluten pinguinliebenden Computerfreaks (Techniker, Entwickler), Spitzenanzeigenverkäufer, Supportmitarbeiter und vieles mehr. Bewerben - es lohnt sich!" Das Kreativpotential der Community wird hier also zur Weiterentwicklung der Marke GMX genutzt. Insgesamt
versucht sich die Marke GMX als Community in alle Dimensionen zu behaupten.
Die technischen Möglichkeiten werden ausreichend genutzt, Wertschöpfung
konsequent betrieben. Es wird sich indes in Zukunft zeigen, ob die überdurchschnittliche
Verwendung von fremden Inhalten der Integrität der Community als
Lebenswelt nicht schadet.
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Zusammenfassung | |
Communities eignen sich sowohl zum Informationsaustausch zwischen Kunden untereinander, als auch zwischen Kunden und Unternehmen. Laut Experteneinschätzung werden Markennamen durch Virtuelle Communities für das Marketing nicht an Bedeutung verlieren. Es werden sich indes die Möglichkeiten der Kunden und Anbieter ändern. Das Internet ist kein Allheilmittel und die unerschöpfliche Masse an Informationen bedeutet keinesfalls eine völlige Aufhebung von Informationsasymmetrien. Es werden allenfalls der Spielraum für opportunistische Verhaltensweisen seitens der Anbieter eingeschränkt und neue Spielregeln für das Entstehen eines Kaufvertrages aufgestellt. Es muss unterschieden werden, ob ein Markenhersteller selbst eine Community betreiben möchte oder ein unabhängiger Anbieter auf den Markt der virtuellen Begegnungsstätten drängt. Eine einzelne Marke wird es sicher schwer haben, genug Inhalte liefern zu können um seine "Community of Interest" für die Nutzer attraktiv genug gestalten zu können. Eine Öffnung für Diskussionen über die Konkurrenz ist hier unablässlich. Möchte ein Produkt-Hersteller eine eigene Community zu Marketingzwecken aufbauen, ist es somit ratsam Kooperationen mit passenden Partnern in Betracht zu ziehen. Letztlich kann eine Community erst ab einer kritischen Masse von Nutzern funktionieren - ein bodenloser Kampf um die Aufmerksamkeit der Kunden im Internet wird auf lange Sicht nur allen Beteiligten schaden. Für Markenhersteller von Produkten, die sich, wie zum Beispiel technische Geräte, leicht vergleichen lassen, kann sich durch den Erfahrungsaustausch in Communities und automatisierte Vergleichsysteme der Druck zu mehr Qualität in Leistung und Service erhöhen. Im Gegenzug kann die Marke auch im Netz durch ihre Präsenz Vertrauen erwecken und direkten Kontakt zu ihren Kunden pflegen. Die Nutzung kreativer Hinweise aus der virtuellen Gemeinschaft kann zur Verkürzung von Produktlebenszyklen führen. Unabhängige Community-Betreiber haben den Vorteil, objektive Informationen anbieten und in ihren Foren ungefilterte Diskussionen zulassen zu können. Der Informationsaustausch der Mitglieder kann in Form von Marktstudien verwertet werden. Durch Werbung und Provision erzielen lassen sich auch langfristig Einnahmen erzielen. Das notwendige Vertrauen in Marken wird im Internet durch das notwendige Vertrauen in Communities erweitert. Wer von einer Marke virtuell enttäuscht wird, lässt sich wahrscheinlich auch im realen Leben bei der nächsten Kaufentscheidung von diesem Erlebnis beeinflussen. Kunden, die hingegen von einer Marke virtuell "umsorgt" und "erhört" werden, können ihr Vertrauen möglicherweise noch mehr vertiefen als im realen Leben. Communities selbst werden sich zunehmend als Marken betrachten können. Wie eine Marke müssen sie Vertrauen beim Kunden wecken, dürfen ihn nicht im Stich lassen und kämpfen um die begrenzte Aufmerksamkeit des Kunden. Für erfolgreiches Markenmanagement bedeut dies, die Zeichen der Zeit zu erkennen und sich rechtzeitig für eine geeignete virtuelle Plattform zu entscheiden. Es ist nicht ratsam um jeden Preis eine eigene Community betreiben zu wollen, wenn das Erreichen einer kritischen Nutzermasse mehr als fraglich ist. Dennoch können die Vorteile von Communities durch gezielte Kooperationen mit anderen Herstellern genutzt werden. Der Einsatz Virtueller Communities wird sich in Zukunft als ein neues Mittel zu den klassischen Instrumentarien des Markenmanagements gesellen. Das Rad wurde nicht neu erfunden, im Internet läuft es nur anders.
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